Saskias Geschichte

09.09.2023 22:18 (zuletzt bearbeitet: 09.09.2023 22:33)
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Hallo,

in diesem Forum sind weibliche Accounts verboten, weil wir alle als Fetischisten früher oder später gecheckt haben, dass vermutlich 99% aller positiv konnotierten Erfahrungsberichte von beginnenden Raucherinnen Fakes von Männern sind. Keiner hier wird die Fantasien dieser Männer verurteilen, wohl aber die Lüge, die dahinter steckt. Aus diesem Grund habe ich mich hier mal ganz bewusst an einer offenkundig "gefaketen" Erfahrung einer fiktiven Raucherin versucht, um weg vom üblichen Schema zu kommen, das mir oft etwas zu sehr "in your face" ist, wenn's um Geschichten geht.

Es soll nach dem Schema "Raucher gefragt" gehalten sein. Das Ganze knüpft am Ende meiner Geschichte "Studentin Isabel" an.

Rauchen – eine Entscheidung für's Leben

Saskia, 24, Psychologiestudentin
„Kannst du diesen Unsinn nicht bitte wieder bleiben lassen?“
Ich konfrontierte meine Kommilitonin und (inzwischen) beste Freundin Isabel mit meinen Sorgen. Als ich sie nach den langen Semesterferien im Frühjahr wieder sah, schockte sie mich regelrecht, als ich sie mit anderen Kommilitoninnen zusammen beim Rauchen „erwischte“. Als sei's das normalste auf der Welt, stand sie da, vor der medizinischen(!) Fakultät und zog genüsslich an einer Zigarette. Ich traute meinen Augen nicht, und musste mich darauf hin erstmal sammeln. Erst am Tag darauf konnte ich mit ihr reden.

„Es ist mir egal, wieso, weshalb. Ob es wegen eines Typen ist, der Raucher ist und in den du dich verknallt hast. Du hast diesen Scheiß doch nun echt nicht nötig...“ Ich wollte sie kaum zu Wort kommen lassen, putzte sie regelrecht runter, wie eine besorgte Mutter ihrer Teenie-Tochter, und gegenüber einer 22-jährigen, und damit erwachsenen Medizinstudentin kam mir das Ganze gleich doppelt absurd vor. Auf Raucher und Zigarettenrauch reagierte ich seit frühester Jugend sehr empfindlich und hatte über die Jahre immer wieder meine unangenehmen Begegnungen mit Rauchern. Jüngst erst in der Gastronomie, in der ich die Ferien über gejobbt hatte: Zwar galt hier zum Glück längst das fast flächendeckende Rauchverbot, aber die Bedienungen selbst, waren fast alle Raucher. Gingen diese gerade in ihrer Zigarettenpause, war es klar, wer abräumen oder neue Bestellungen aufnehmen durfte und wem keine „Snickerspause“ oder ähnliches zustand: Saskia.

Auch an der Uni war die Zahl der Raucher immens. Ich fiel als damals 21-jährige in der ersten Woche vom Glauben ab, wie viele der „geistigen Elite“ diesem Laster frönten. Bei so gut wie allen wurde es mir nur sehr schnell egal, nicht aber bei Isabel, die ich nicht nur aufgrund ihres Medizinstudiums für eine mindestens so strikte und militante Nichtraucherin hielt wie mich selbst, sondern auch aufgrund ihrer Aussagen und ihres Handelns. Wir setzten uns weg, wenn neben uns am Tisch auf dem Campus gequalmt wurde. Machten unsere Witze über die Raucher. Betonten regelmäßig, wie ekelhaft es unterm Dach stank, wenn es regnete und sich die Raucher dort tummelten.

Als sie in während meiner Belehrungen endlich mal dazwischen kam, reagierte Isabel recht „abgeklärt“. Sie rklärte mir, nicht das Rauchen an sich störte sie, wenn es nicht übertrieben wird, sondern rücksichtsloses Verhalten. Das könne das Schneiden im Straßenverkehr oder eben ungefragtes Rauchen in Anwesenheit anderer sein oder auch das Wegwerfen von Kippenstummeln in die Natur oder auf den Boden, obwohl fünfzehn Meter weiter Mülleimer stehen. Auch auf meine Sorgen, die ihrer Gesundheit galten, hatte sie die passenden „Argumente“: Sie meinte, als angehende Ärztin stünde sie hinter all den Argumenten gegen das Rauchen und würde es auch jedem raten, entweder nicht damit anzufangen oder es zu aufzugeben. Als Mensch jedoch wolle sie nicht immer perfekt sein, nicht immer das Vorbild sein. Ab und an zu rauchen sei ihr „Break out“. Sie habe für sich etwas darin gefunden, womit sie eine Weile aus der Welt entfliehen kann, die Fehlerfreiheit von ihr erwartet. Etwas sie irrational gerne tut, auch wenn sie es rational ablehnt. Sie bezeichnete sich als „Genussraucherin“, nichts mehr, nicht weniger.

Nach mehrerem verbalen Hin und Her meinte sie, man dürfe kein Verhalten, keine Vorliebe verurteilen, ohne selbst zu wissen, wovon man spricht. Nicht, solange diese Vorlieben keine anderen schädigten. Auch ich würde sie nicht verstehen können, ohne ihre Wege gegangen zu sein und wurde gebeten, sie genau aus dem Grund nicht weiter zu kritisieren. Das konnte ich jedoch nicht, ich nervte sie weiter.

Ich sagte ihr ganz aus Überzeugung: „Ich an deiner Stelle, ich würde mich einfach darauf besinnen, dass es keinerlei Vorteile hat und das Rauchen sofort aufgeben.“

Daraufhin lud sie mich tatsächlich ein, einfach mal die Perspektive zu wechseln: Ich solle, wenn ich mich denn traue, für drei Wochen meine militante Haltung gegen das Rauchen vergessen und mit ihr zusammen das Rauchen kennenlernen. Mir selbst ein Bild machen, ob man als Raucher einfach nur dumm ist, oder ob da mehr Spektren existieren. Ich sollte mindestens ihre – moderate – Menge rauchen, oder, wenn ich mich daran gewöhnt habe, rauchen wie es mir beliebt. Und danach solle ich entscheiden: Es für immer bleiben lassen oder mit dem angeeigneten Laster leben.

Von einer angehenden Ärztin zum Rauchen angestiftet werden – konnte das sein? Konnte es. Und der Dickschädel, der ich nun mal war (und bin) sagte ihr zu. Isabel wollte dieses kleine „Experiment“ jedoch gleich noch etwas interessanter gestalten. Würde ich es schaffen, nach den drei Wochen von jetzt auf gleich einen harten „Cut“ zu machen, würde sie ihr liebgewonnenes „Laster“ (welches sie so nicht nannte) ebenfalls aufgeben. Wollte ich aber weiter Rauchen, und sei es nur ab und an, dann müsse ebenfalls ein „Cut“ erfolgen: Ich müsste mich von meinen langen, blonden Haaren trennen und diese gegen einen schwarzen Bob tauschen – Länge maximal Unterkante Kinn. Ich liebte meine Haare und deswegen machte ich mir besonders wenig Sorgen, dass mir dieses Experiment entgleiten könnte. Und als begeisterte Schwimmerin konnte mir das Rauchen ohnehin nicht erlauben. Ich willigte ein und wir beschlossen es per Handschlag.

Am selben Nachmittag trafen wir uns, um mit dem Selbstversuch zu beginnen. Isabel hatte in ihrer Wohnung alles vorbereitet. Eine Karaffe mit Wasser, ein aufgeräumter Tisch, zwei bequeme Stühle. Auf dem Tisch mit Eichenfurnier lag eine angebrochene Schachtel Marlboro Red. Sie wollte gleich Nägel mit Köppen machen und forderte mich auf, eine der Zigaretten zu entnehmen, und schob mir ihr pinkfarbenes Feuerzeug gleich hinterher. Unterdessen steckte sie sich ihre Zigarette an und nahm einen Zug. Da saß sie, lässig mit der Kippe zwischen den Fingern und sah mich an. Da saß ich, nicht so lässig mit meiner ersten Zigarette zwischen den Fingern. Mit 24 hatte ich mich auf ein echt bescheuertes Experiment eingelassen und stand zu meinem Wort. Ich entzündete sie und machte meine ersten „Gehversuche“ als Raucherin „auf Zeit“.

Irgendwie kämpfte ich mich durch und brachte das Elend hinter mich, mit ekelhaftem Geschmack im Mund, aber dafür stand ja das Wasser auf dem Tisch. Immerhin, Lob gab es von Isabel, dass ich erstaunlich wenig husten musste. Bei ihr sei das ganz anders gewesen. Nach der ersten, gemeinsamen Zigarette sagte sie, vier seien jetzt noch in der Schachtel. Eine rauche sie an diesem Tag noch mit, die anderen drei solle ich heute noch schaffen – dann, so ihre Worte, sei der Körper an die Zigaretten gewöhnt und ich könne sagen, ich hätte „angefangen“.

Reden. Einen Schluck Wasser trinken, zuhören. Dann die nächste Zigarette anstecken, Isabel begleitet mich nochmal. Ich bringe irgendwie, mit sehr unwohlem Gefühl, mich aber unter guter Aufsicht wähnend, die zweite Zigarette hinter mich. Dann irgendwann die dritte, als es schon dämmert. Und die vierte, als es draußen stockdüster ist.

Wir wiederholen unser Treffen die beiden Tage drauf und rauchen jeweils am Nachmittag zwei Zigaretten zusammen. Isabel, die sich durchs Rauchen so von mir entfremdete, ist mir plötzlich wieder so nah. Und was der Körper wohl bereits am ersten Tag tat, tut ihm am Ende der ersten Woche der Kopf gleich – er legt den Widerstand gegen das Nikotin nieder. Nicht nur: Es beginnt, mir zu gefallen, sehr sogar.

Für zwei weitere Wochen muss ich Rauchen, um Isabel meinen Standpunkt zu beweisen. Danach darf ich aufhören. Zur Halbzeit etwa, als wir gerade auf dem Campus bei den anderen stehen und ich meine erste Zigarette des Tages anstecke, merke ich: Noch anderthalb Wochen darf ich rauchen. Und muss dann aufhören.

Stunden verfliegen, Tage vergehen, die drei Wochen, sie enden so schnell. Etwas mehr als zwei Monate ist unser Experiment nun her. Der Sommer hat begonnen, Isabel und ich sitzen im Café im Außenbereich und genießen einen Latte. Isabel ist ihren Worten treu geblieben, zumindest so viel ich sagen kann. Ich habe sie nicht wieder Rauchen gesehen, habe sogar gesehen, wie sie eine Zigarette ablehnte.

„Wenn du jetzt dürftest, würdest du?“, frage ich sie.
„Vermutlich, aber das spielt doch keine Rolle mehr, Saskia.“

Ich fahre mir durch mein langes, aschblondes Haar, das mir im Winde vor die Augen weht. Ich beuge mich zu meiner Tasche herunter, hole hervor, was sie und ich vermissen, lege die Schachtel auf den Tisch. „Den Termin habe ich übermorgen", sage ich zu Isabel, der ich die Schachtel hin halte.“ Sie lächelt erfreut und sagt, schwarz würde mir sicher sehr gut stehen. Der verklärte Blick, als sie sich ihre Zigarette ansteckt. Er "flasht" mich noch immer irgendwie. So falsch und doch so schön. Ich tue es ihr gleich, nehme einen tiefen Zug und blase ihn gen Himmel.

„Kann man nach drei Wochen doch nicht ganz so einfach aufhören oder wolltest du nur nicht?“, fragt sie cool wie eh und je.

„Ich arbeite ab nächste Woche wieder in der Gastronomie – und möchte auch mal gute Ausreden für 'ne Pause“ haben“, kontere ich lässig und puste meinen Rauch in ihre Richtung.

Isabel lässt außerdem die Katze aus dem Sack. Sie hat nicht, wie ich vermutet habe, schon lange Zeit geraucht, sondern es ebenfalls wenige Monate zuvor erst angefangen. Mit 22. Meine ausgedrückte Zigarette im Aschenbecher sondert noch Rauch ab, als ich sie frage, wie man denn in dem Alter noch so blöd sein kann - und merke selbst, wie dumm die Frage ist.


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